Final Portrait

„Final Portrait“ ist die Regiearbeit des mir sonst nur als Schauspieler bekannten Stanley Tucci und basiert auf dem Buch „A Giacometti Portrait“ von James Lord, das 1965 erschien.

James Lord nahm 1944 an der Invasion in der Normandie teil (und überlebte sie!), besuchte Picasso 1944 und kehrte nach dem Krieg 1947 zurück nach Paris, traf sich mit Picasso und anderen Künstlern und begann über seine Reisen und Begegnungen, aber auch Kunstkritiken zu schreiben. Seit 1952 war er mit Alberto Giacometti und seinem Bruder Diego befreundet, er saß tatsächlich für G. Modell, veröffentlichte 1965 das oben erwähnte Buch und schrieb danach weitere 15 Jahre an einer umfangreichen Giacometti-Biographie – und dann weitere KünstlerInnen-Biographien („Picasso und Dora Maar“, „Außergewöhnliche Frauen – Sechs Portraits“ u.a.). Quelle u.a.: http://www.nytimes.com/2009/08/28/arts/design/28lord.html

Nun zum Film:http://www.berlinale.de/de/programm/berlinale_programm/datenblatt.php?film_id=201713704#tab=filmStills

Paris in den 60er Jahren, in Farben angemischt wie auf Giacomettis Pallette: fast monochrom in schwarz, weiß, ocker (schön und nicht verkitscht), G.s Atelier in den gleichen Farben, nur selten gibt es andere Farben und die fallen dann richtig ins Gewicht. James, der junge reiche Amerikaner möchte sich vor seiner Abreise in die USA von G. portraitieren lassen und ist neugierig auf dessen Arbeitsweise. Dafür lässt er sich sehr ein und nimmt Schmähungen, Gs. schlechte Laune, seine Launen überhaupt und sein Rumkommandieren in Kauf. G.behandelt alle schlecht und „ist am glücklichsten, wenn alles schlecht läuft“. Es wird schnell klar, dass der vereinbarte Zeitrahmen komplett unrealistisch ist, J. bucht ständig seine Flüge um, was ihn viel Geld kostet und telefoniert mit seinem Liebsten (was im Film nicht explizit ist) zu Hause, der immer ungehaltener wird. Wenn das Portrait fertig zu werden droht, dann zerstört G. es wieder, übermalt es, flucht und fängt von vorne an. – Zermürbend! auch beim Zuschauen.

Geoffrey Rush ist Giacometti, zerrissen, leidend,exessiv, rücksichtslos, betrunken und reichlich unsympathisch. Der junge aalglatte, smarte Amerikaner erscheint wie die andere Seite der Medaille, Gs. Frau Annette wird unsäglich schlecht behandelt und es gibt eine Prostituierte, die sie als Geliebte neben sich duldet. Alle rauchen um die Wette, man riecht den Qualm, den Gips und den mit feuchten Tüchern umwickleten Ton im selbst für diese Zeit in Paris erbärmlichen Atelier.

Der Film ist nicht unanstrengend – weil er einen mit reinzieht in Gs. Zweifel, Js. Verspannungen, die er vom Modellsitzen hat und den nicht enden wollenden Prozess. „Erfolg ist der Nährboden des Zweifels.“ Erst als J. sich eingesteht, dass das ewig so weitergeht – auch weil er ergeben mitmacht und zu ehrfürchtig vor dem damals schon berühmten und hochbezahlten Künstler ist – kann er sich was ausdenken, um den Kreislauf unterbrechen.

Gibt es im Bechdel-Test auch Minus-Punkte? – dann hätte der Film sie verdient, denn die Frauen kommen extrem schlecht bei weg.

Ich fand den Film spannend, in jeglicher Bedeutung des Wortes.