Il cassetto segreto

Sektion: Forum dokumentarische Form Italien/Schweiz 2024 132 Minuten

Sprache; italienisch/englische UT

Als dritten Film sehen wir einen Dokumentarfilm von Costanza Quatriglio.

Sie filmt ihren betagten Vater in seiner Wohnung, die voller Bücher ist, so sehr, dass man die ursprüngliche Funktion des jeweiligen Raumes nicht mehr erkennen kann. Alles ist mit Büchern zugewuchert. Außer Büchern gibt es noch jede Menge Kartons mit sw-Negativen, Kisten mit Filmen, Tonkassetten, Dias, Skulpturen, Bildern, die Ihr Vater (Jahrgang 1922) im Laufe seines bewegten Lebens gesammelt hat. Giuseppe Quatriglio war ein sizilianischer Journalist und Autor, er ist weit gereist und schrieb in ein Tagebuch „Es darf kein Tag vergehen, ohne dass ich mindestens eine Zeile geschrieben habe“. Da ist einiges zusammengekommen, er hat alles aufbewahrt und geordnet. Costanza interviewt ihn seit 2010/2011 in seinen Räumen und kommt ihm vorsichtig näher.

2017 ist er gestorben und nun macht sie sich ans Ausräumen der Wohnung und filmt diesen Prozess. – Wohin mit den ganzen Büchern? Sie spendet sie an eine Bibliothek in Palermo. Da kommen Profis, sie sortieren, archivieren und das in einer mit unerschütterlicher Beharrlichkeit und Unaufgeregtheit. Zwischendurch bricht ein ins Ungleichgewicht geratenes Regal zusammen, das passt. Man sieht kaum einen Fortschritt.

Im ersten Teil des Films faszinieren mich die Fotos, die Giuseppe auf seinen Reisen gemacht hat. Da ist er mit Cary Grant, Winston Churchill, in New York, Paris, Berlin (!963), die sind spannend und ich würde gerne länger schauen. Ich bin überfordert, zu viele Eindrücke: schneller Bildwechsel, italiensiche Sprache, englische Untertitel, puh. Dafür wird die zweite Hälfte des Films langsam und langatmig. Costanza kann sich nicht trennen und filmt alles ganz genau ab. Sie filmt sich, wie sie sich in all dem verliert und das ist in der Ausführlichkeit nicht interessant. Man ahnt, dass sie hier einen Vater kennenlernt, der nicht sehr viel zu Hause war und wie schwer ihr das Loslassen fällt. Sie lernt sein Leben vor ihrer Geburt kennen, immerhin war er 51 als sie geboren wurde und kein Kind von Traurigkeit, 20 – 30 Fotos von Frauen lassen vermuten, dass er sein Leben genossen hat.

Über ihre Mutter erfährt man, dass sie als Anwältin mit ihrer Kanzlei einen eigenen Raum hatte, nur so habe sie überleben können.

Besonders und sehr passend ist die Musik. Der Film gefiel mir, aber durch Kürzungen wäre er prägnanter und noch besser. Nach ausführlichen Q&A tauschen C. und ich uns über das Gesehene aus und ergänzen jeweilige Lücken.