Berlinale-Forum. Kanada 2015, 87 Min
Hebräisch, Englisch, Arabisch
von Danae Elon
Wieder eine Regisseurin!
Außerdem anwesend: die kanadische Botschafterin, die vor Beginn des Films begrüßt wird.
Die Regisseurin ist die Tochter von Amoz Elon, einem linken Journalisten und Schriftsteller, der mit seinen Eltern 1933 aus Wien nach Jerusalem emigrierte. Er war Verfechter eines palästinensischen Staates und eines Rückzugs Israels aus den seit 1967 besetzten Gebieten. Frustriert über die politische Entwicklung verließ er 2004 Israel und zog nach Italien, wo er 2009 starb, nachdem er seiner Tochter das Versprechen abgenommen hat, dass sie nie nach Israel zieht, was sie aber kurz nach seinem Tod doch tut. – Darum geht der Film.
Sie will in das Land, in dem sie aufgewachsen ist und will ihren Söhnen (der dritte ist unterwegs als sie von New York nach Jerusalem ziehen) Israel zur Heimat machen und ihnen eine Identität geben, auf die sie stolz sind. Ihr Mann Philippe ist jüdischer Algerienfranzose, beide sind nicht religiös.
Sie filmt die Familie, besonders was ihr ältester, aber auch noch recht kleiner Sohn Tristan und Ihr Mann sagen. – Tristan will schon nicht weg aus Brooklyn und im weiteren Verlauf legt er die Finger in die Wunden des Staates und benennt in all der kindlichen Klarheit Widersprüche, Konflikte und Absurditäten. Er geht auf die einzige (!) Schule, in der jüdische und arabische Kinder in hebräisch und arabisch unterrichtet werden. Bei einer Demo gegen die Siedlungpolitik, wird Danae von orthodoxen Gegen-Demonstranten geschlagen, die Kinder erschrecken wenn die Sirenen ertönen und bald können sie sie nachmachen. Tristan freundet sich mit einem arabischen Jungen an und wenn sie unterwegs sind, verständigen sie sich darüber, in welchen Gebieten sie die eine oder die andere Sprache besser nicht sprechen, damit sie keinen Ärger kriegen. Philippe sagt, dass er noch nie unter solchen rassistischen Umständen gelebt hat und findet, es sei schlimmer als in Paris, wo er aufwuchs und es kein Zuckerschlecken war.
Ihren Versuch beenden sie nach 3 Jahren, als es wirklich nicht mehr geht, weil alle so unter den Spannungen und der politischen Situation leiden und es sie fast zerreißt. Identifizieren können sie sich bei allem Bemühen und obwohl sie es unbedingt wollen nicht mit diesem Land.
Jetzt wohnen sie in Kanada und die Kinder lernen die nächste Sprache, Tristan musste unter beidseits heftigen Tränen seinen ersten Freund zurücklassen.
Das war ein aufwühlender Film. Ich fand es kaum auszuhalten, wie sehr sich alle bemühen und wie besonders ihr Mann und der älteste Sohn unter dem Umständen leiden.
Der Film wirft viele Fragen auf, sowohl auf politischer als auch auf persönlicher Ebene, zur Sitaution und Politik Israels sowieso, aber auch was ist Heimat – und kann man das beschließen? wie belastbar sind Kinder und Beziehungen? was macht man mit Sehnsüchten, die sich nicht realisieren lassen,…
A., mit dem ich den Film sah, wird im Herbst nach Tel Aviv reisen.