Der zweite deutsche Film im Wettbewerb. Der englische Titel lautet übrigens „Home for the Weekend“, was mir besser gefällt.
Die Story: Marko, 35, lebt in Berlin, hat ein Kind, ist offenbar getrennt von der Mutter des Kindes und fährt übers Wochenende zu seinen Eltern – ins alte West-Deutschland nach Siegburg bei Bonn, in den 70ziger Jahre Bungalow zu den bildungsbürgerlichen Eltern und seinem etwas jüngeren Bruder, einem smarten, jungen Zahnarzt, der in Siegburg geblieben ist und von den Eltern finanziell unterstützt wird (und damit unselbstständig bleibt). Die Eltern haben eingeladen, beide wollen was Wichtiges sagen. Marko hofft auf ein Wochenende mit gut essen, ausschlafen, abhängen ohne Stress.
Die Neuigkeit des Vaters: Er verkauft seinen erfolgreichen Verlag und widmet sich nun endlich, den anderen Dingen, die ihn interessieren (Reisen, Schreiben, Segeln); die Neuigkeit der Mutter: Sie nimmt nach 30 Jahren seit 2 Monaten keine Psychopharmaka mehr und traut sich nun sogar, mit ihrem Mann nach Jordanien zu reisen. – Allen verschlägt es die Sprache. Man hatte sich eingerichtet und jetzt kommt alles durcheinander: Die Pläne des Vaters, die er ohne sie konzipiert hatte, die betäubte und betäubende, verlässliche Familienkonstellation. Bei den Söhnen läuft auch alles nicht prima, aber man spricht nicht darüber. Es erschien wohlgeordnet und jetzt verrutscht es, damit kommen die anderen Brüche und Schwierigkeiten an die erstarrte Oberfläche. Wie im „richtigen“ Leben gibt es nicht zwangsläufig eine heilsame Katharsis, mit der sich alles in Wohlgefallen auflöst.
Hans-Christian Schmid entwickelt das langsam und konsequent, nicht fulminant oder laut, die Dramatik spielte sich überwiegend in meinem Kopf ab. Das ist toll gemacht, großartig gespielt von Corinna Harfouch, Ernst Stötzner und den anderen Darstellern. Es gibt eine wunderbare Szene, in der der Schlager von Charles Aznavour „Ich kann Dich einfach nicht mehr sehen“ gesungen wird, das ist der darstellerische Höhepunkt – auch der dramatische – da scheint alles möglich.
Mir gefiel der Film sehr gut, nur am Ende faserte er aus: Es ist Winter, was man daran sieht, dass auf den – unverändert belaubten – Sträuchern im Vorgarten Kunstschnee liegt. Ähnlich unscharf inszeniert wirkte der Schluss auf mich.